Wie wird man eigentlich Piercer*in?

Posted by Hika Kierkenupp on

Diese Frage wird mir recht häufig gestellt und ich wurde auch schon in verschiedenster Form um einen Rat oder um ein Plätzchen für ein Praktikum oder zur Ausbildung gebeten.

 

Definitiv ist es heutzutage leichter, als noch vor zehn Jahren. Da hatte ich nämlich schon an vielen Türen geklopft und zwar ein paar Angebote erhalten, die dann aber seltsamerweise auch solche Aufgaben enthielten, wie zum den Garten des Studiobesitzers zu jäten oder Privateinkäufe im Spielzeuggeschäft, die an mich weiterdeligiert wurden. Grossteilig waren die meisten Studios damals auch noch nicht so vernetzt wie heute, damals bestand ein größerer Konkurrenzkampf - und die wollte man sich nicht auch noch selbst heranziehen. Teilweise gab es Praktika. Aber so einen richtig guten Ausbildungsplatz zu finden war schwierig.

 

Allerdings stimme ich in einem Punkt, den mir die "Kollegen" damals gehäuft nannten, komplett zu: ihr solltet am besten schon eine abgeschlossene Berufsausbildung haben, auf die ihr in Notzeiten zurückfallen könnt.Nicht nur ist es schwer, einen bezahlten Ausbildungsplatz als Piercer zu finden, weshalb man häufig jahrelang unbezahlt lernt und daher sein Einkommen anderweitig verdienen muss. Auch kann es Jahre benötigen, sich einen festen Kundenstamm zu etablieren und vom Piercen leben zu können.

 

Auch wenn ihr euch keinen anderen Beruf als den des Piercers vorstellen könnt, empfehle ich euch dennoch, euer professionelles Skillset zu erweitern - als Beispiele wären da der Einzelhandel, der medizinische Bereich, irgendwas mit Marketing oder Photographie, da dies alles Bereiche sind, die euch in dem Beruf des Piercers nützen können.

 

Damit kommen wir auch zum nächsten Punkt: es gibt Interessenten wie Sand am Meer, und jemanden auszubilden ist unfassbar anstrengend und oft vergebene Liebesmüh, wenn derjenige dann doch das Interesse verliert oder direkt ein eigenes Studio aufmacht. Schreibt einen guten Lebenslauf und denkt darüber nach, welches Skillset ihr mitbringen könnt, um eurem zukünftigen Ausbilder unter die Arme zu greifen. Wenn ihr professionell photographieren könnt, super! Kennt ihr euch mit Marketing oder dem bauen von Webseiten aus? Habt ihr Erfahrung im Kundenservice? Habt ihr vorher schon mit der Aufbereitung medizinischer Instrumente zu tun gehabt?

 

Und selbst wenn nicht: bewerbt euch, wie für jeden anderen Beruf: mit einem gut geschriebenen Lebenslauf und Anschreiben, welches erklärt, wieso ihr diesen Beruf ausüben wollt und wieso ihr mit genau diesem Studio arbeiten möchtet.

 

Seid bereit anfangs viel Putzarbeit und den Kundenempfang  zu übernehmen, bevor ihr überhaupt ein abgeheiltes Piercing wechseln dürft. Macht euch so nützlich wie möglich und versucht vorab schon auf professionellen Piercingblogs zu recherchieren und Bücher wie die Piercingbible zu lesen, um euch notwendiges Wissen anzueignen, so dass euer Ausbilder merkt, wie ihr für das Thema brennt.

 

Wie finde ich das richtige Studio?

 

Auch hier ist wieder Recherche gefragt. Da kann man ganz einfach mit Instagram anfangen: schaut euch die Bilder von anerkannten APP, UKAPP und VPP Piercern an, um ein Bild davon zu bekommen, wie gut gesetzte Piercings aussehen. Vergleicht diese Arbeiten dann mit denen, von den Studios, die in eure engere Auswahl fallen, während ihr zeitgleich die Posts dieser Piercer überprüft. Wenn ein Studio nicht professionell wirkt, dann solltet ihr dieses sowieso ausklammern. Wenn die bspw schon auf der professionellen Platform zu grob sind, dann kannst du dir ja vorstellen wie drei Jahre Ausbildungsalltag aussehen würden.

 

Auch wird ein professionelles Studio kein Geld für die Ausbildung von dir verlangen oder einen Wochenendkurs mit Zertifikat anbieten - Piercen ist eine Kunst, die zu lernen selbst nach 3 Jahren unter der Aufsicht eines Profis noch nicht komplett möglich ist, sondern jahrelangen Austausch mit anderen Kollegen, sowie etliche Fortbildungen benötigt.

 

Wenn du ein Studio gefunden hast, das dir professionell und gut erscheint, danm versuche herauszufinden, ob die piercende Person sich auch regulär fortbildet. Das ist ein grosses Plus und wird auch für dich nach kurzer Zeit notwendig werden.

 

Es kann gut sein dass du diesee Kriterien in keinem Studio in deiner Nähe erfüllt findest; dann solltest du überlegen, ob du bereit wärst für deinen Traumjob umzuziehen. Diese Bereitschaft zeigt deinem zukünftigen Ausbilder auch, wie motiviert du eigentlich bist. 

 

This alll being said: Ihr müsst euch zwar in gewisser Form unterordnen, viel Arbeiten und sehr viele von euren zukünftigen Ausbildern lernen. Wenn ihr aber trotz all dieser Ratschläge in einem Studio landet, in dem nicht nur die Sicherheit der Kunden, sondern auch eure eigene (bspw mit fehlender Schutzkleidung) aufs Spiel gesetzt wird, euer Ausbilder Machtspiele mit euch spielt (mein erster "Ausbilder" ließ mich gerne selbst an ruhigen Tagen den ganzen Tag nichts machen, bis zum Ladenschluss, wo ich dann Instrumente putzen sollte, ließ mich Kornleuchter im Badezimmer putzen, die er aber nicht abhing, sondern mir nur einen Stapel Bretter gab, auf die ich mich ja stellen könnte um ranzukommen und neigte dazu, mich vor Kunden und Mitarbeitern zu beleidigen) oder unangemessen mit euch spricht - sexuelle Anzüglichkeiten, rassistische oder sexistische Kommentare, aggressive Kommunikationsweise - dann solltet ihr darüber nachdenken, euch nach einem anderen Studio umzusehen und die Ausbildung vielleicht auf Eis zu legen, bis ihr etwas besseres gefunden habt. Leider gibt es noch immer schwarze Schafe, die sich Auszubildende suchen, um eine Machtdynamik aufzubauen und sich stärker zu fühlen.

 

Das war es ersteinmal von mir - wenn ihr noch Fragen oder Anmerkungen habt, schreibt mir gerne einen Kommentar.

 


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